„Hast du da keine Angst gehabt?„
Das ist immer das erste, was gefragt wird. Ganz gleich, was Frau alleine unternimmt.

Es steht nicht immer jemand parat, um einen irgendwohin zu begleiten. Vielleicht braucht man auch einfach eine Auszeit. Zwischen den Jahren passiert es häufig, dass man nach den Feiertagen einfach nur auf Silvester wartet, sich dann ausruht und schließlich nur noch wenige Tage bleiben, um sich wieder auf die Arbeit vorzubereiten. In meinem Fall heißt das: Klassenarbeiten korrigieren und Unterricht vorbereiten. Wo bleibt da das Regenerieren? Manchmal verliert man den Weg aus den Augen und man muss ihn wieder finden.
Eine Wanderung ist immer Erholung pur. Perfekt, um den Kopf frei zu bekommen und aufzutanken. Alleine unterwegs hat auch viele Vorteile. Morgens kann man aufstehen, wann man möchte und muss sich nicht nach dem Partner richten. Beim Wandern zählt nur dein Tempo. Es ist dein Weg. Du kannst so viel schauen wie du möchtest und dann stehenbleiben, wenn du etwas spannendes entdeckst. Du kannst deine Gedanken weit schweifen lassen und dein Gesicht in die Sonne halten, solange, wie du es brauchst. Vielleicht findest du auch Muse, morgens eine Runde Yoga zu machen und abends etwas zu meditieren.
Eine Wanderung alleine kann zu deinem eigenen Wald-Retreat werden. Deine Regeln, deine Freiheiten. Es kann dir ermöglichen, die Welt mit neuen Augen zu sehen.

Was du dafür brauchst, hängt viel davon ab, was du selbst brauchst. Ich brauche für mich Sicherheiten, wenn ich alleine unterwegs bin. Dafür kann man die Etappen vorher planen, ein Navi mitnehmen, Pensionen reservieren, für den Notfall Studentenfutter einpacken und natürlich Weingummis. Damit bist du sozusagen ein „Selbstläufer“. Der Rucksack braucht nur das Nötigste: Kleidung für die Nacht, Badutensilien im Miniformat und leichte Kleidung für das Abendessen. Regencape. Zu viele Dinge belasten nur und stellen sich meist als unnötig heraus. Balast, der uns die Sicht auf das Wesentliche versperrt.

Wenn du dich überwunden hast, mal etwas Neues auszuprobieren und ins Ungewisse zu wandern, wirst du viel gewinnen: tolle Eindrücke und die Erfahrung, eigene Grenzen zu überwinden. Ängste sind oft gesellschaftlich anerzogene Stereotypen. „Was, wenn ich hinfalle und alleine bin?“ „Was, wenn mich ein Wildschwein angreift?“ „Was, wenn ein böser Mann im Wald lauert?“ „Was, wenn ich mich verlaufe?“ Viele Szenarien können wir lösen, wenn sie uns wirklich begegnen. Gefahren lauern überall. Im Wald nicht mehr als abends in der Großstadt.
Habe vertrauen. Zu dir, zu deinen Unternehmungen. Damit meine ich nicht, dass du leichtsinnig sein sollst. Trage vernünftige Schuhe, laufe nicht nachts querfeldein im Wald, klettere keine nasse Steilwand hoch, um ein Foto von einem Wolf zu machen.
Gehe raus! Sei frei! Nutze deine Zeit für dich und lerne dich von einer anderen Seite kennen. Wachse.
Eine passendere Frage ist:
„Bist du stolz?“
Ja. Und zufrieden, weil ich aus dem Schatten trat und das Licht gefunden habe.

Eure S. Jey!